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  • AutorenbildBernd und Susanna

Rückblick dieser Woche - ein Märchen?

Juli 28. Brenzikofen

Viele Menschen, denen wir unterwegs begegnen, fragen uns „wo geht ihr hin?“. - „von A nach B“ - „der Nase nach“..

“Tag für Tag..Minute für Minute...“

Ja, wo gehen wir hin? Wir lassen uns leiten vom Wetter, den Begegnungen, den Begebenheiten, den Eseln, den Gefühlen, der Karte, den Orten, den Kräften...


Von Riffenmatt OHNE GEPÄCK - danke Pascale! - los. Noch ein Mal rufen uns die Berggeister zurück. Mit ortskundigen Tipps wagen wir uns durch den „under Scheidwald“ Richtung „Pfyffe“ - Schwarzenbühl bis zur Süftenen. Ausser einer überraschenden Treppe über einen Bach, die wir mit den Eseln unmöglich nehmen konnten und schon erprobt einen anderen Pfad gefunden haben, genossen wir diesen steilen, nassen aber traumhaften Wander- und Forstweg fast ganz alleine mit hohem Farn, riesengrossen Pestwurzblättern, Eisenhut (nichts für Esel, doch für unser Auge!), Margriten, Kratzdistel (mmmhh sehr beliebt bei den Eseln), schmalblätteriges Weidenröschen, Heidelbeeren, Erdbeeren, Himbeeren, Wiesenbärenklau und und und...

Auf der Süftenen angelangt, kam Pascale mit unserem Gepäck. Und kurz darauf ein Überraschungsbesuch: Fred und Claudine mit Bier und frischem selbstgebackenem Brot!

Wir krochen früh ins Bett - es war ein möglicher Regen angesagt ...aber bestimmt für den nächsten Tag ein Gewitter. Also wollten wir früh los.

Wenn ich nun zurückblicke auf das, was uns erwartete - und überhaupt die ganze Gantrischgebiet-Zeit - kommt es mir vor wie ein Märchen oder eine der althergebrachten Sagen, die Andreas Sommer als Sagenwanderer von dieser Gegend erzählt. (WWW.ANIMAHELVETIA.CH)

Und fast wie bei Odysseus riefen uns die Sirenen in dieses verwunschene märchenhafte sagenumwobene Land, wo man die Feen, Erdgeister, die Zwerge, möglicherweise auch Riesen, Elfen erahnen kann. Verzaubert von der Schönheit der Gegend gingen wir glücklich durch den Wald ...atmeten diese frische Luft ein, genossen die Farben, das Licht, die Töne, die zu hören waren im Schritt mit Fritz und Lora.

Der Weg wurde immer schmaler. .. bis wir vor einem Abgrund standen. Ein Stück des Weges war abgebrochen. Bernd und ich inspizierten die Stelle, gingen durch und sahen, dass es möglich war für die weggewandten Esel diesen Ort zu passieren, wenn wir das ganze Gepäck und die Sattel abnehmen und zur Sicherheit ein Seil spannten über die Stelle, die uns gefährlich erschien.

Fritz und Bernd kamen ohne Probleme durch. Vielleicht weil die Stelle schon ausgetreten war davon oder wer weiss warum....nahm Lora nicht diesen oberen Weg, sondern geriet weiter nach unten..wo die Sumpfgeister warteten und gierig nach ihren Beinen Ausschau hielten..und je mehr wir versuchten sie auf den oberen Weg zu bringen, desto mehr bewegte sie sich in diesen Sumpf, den wir zum voraus nicht gesehen hatten. Ich möchte nicht ins Detail gehen, was in diesen bangen nächsten Minuten und Stunden geschah..Jedenfalls stieg unsere Verzweiflung und Lora‘s auch..und wir fürchteten, sie nicht mehr aus eigener Kraft diesem „Höllschlund“ befreien zu können, so sehr wir mit verschiedensten Mittel versuchten. Wir bangten um ihr kostbares Leben. Zum grossen Drama gesellte sich auch noch ein Gewitter und Regen und der Boden wurde noch nasser. Wir riefen Freunde an, die in der Nähe wohnten und baten sie um Hilfe. Natürlich dauerte es seine Zeit.

Auf eine Lösung brachte uns Lora, weil sie in die andere Richtung zog. Dort war ein Wäldchen. Während Bernd mit der Sackmesser-Säge ihr eine Schneise aus dem Dickicht freibahnte, beruhigte ich sie...und so kamen wir auf ein festes Bödeli zu stehen.

Für ein Erstes hatten wir in dieser Heldenreise die Schwellenhüter - die Sumpfgeister! - besiegt und atmeten aus.

Doch Lora wollte keinen Schritt mehr weiter gehen den Schlund hinauf, der nach wie vor - trotz den gelegten Steinen - nicht mehr vertrauenswürdig aussah.

Genau in diesem Moment kamen Fred und Manuel, die wir gerufen hatten.

Wäre es ein Märchen wären es zwei Riesen, die uns mit ihren Herkuleskräften halfen Lora diesen Hang hinaufzubringen.

Wie erleichtert und dankbar waren wir, als wir uns in Sicherheit befanden - obwohl Fritz in dieser Zeit den Bank, an dem er angebunden war, losgerissen hatte. Die symbiotische Beziehung der Beiden lässt den Einen nicht lange ohne die Andere sein.

Erleichtert und doch gelähmt standen wir im Regen nun wieder auf festem Boden an einem wunderschönen Platz mit Sicht auf die ganze Alpenkette und den Thunersee. Hier würden wir für die Nacht bleiben..Uns beruhigen, Lora‘s Schnittwunden und den Schrecken behandeln und schauen, ob wir überhaupt noch weiter reisen konnten. Als dann der Regenschutz mit einer Blache für die Esel und unser Zelt aufgebaut war, erschien ein Regenbogen direkt vor uns.

Danke für die grosse Hilfe, die uns in diesen Schreckensmomenten geschenkt wurde.

Am nächsten Morgen brachte Fred uns zwei Sandwiches und lud das ganze Gepäck auf den Pick up. Wir wussten nicht, ob Lora es schaffen würde - auch ohne Gepäck nicht. Fred’s Sohn Manuel hatte uns eingeladen, uns bei ihm und seiner Familie in Grundbach-Wattenwil zu erholen und Lora eine Pause zu gönnen. Ursula, seine Frau ist erst noch Tierpflegerin und sein 9-jähriger Sohn Menk begleitete uns als Reiseführer den Weg hinunter zu ihnen nach Hause. Diesmal auf ganz ganz sicherem Grund durch den Wald und dann auf Teer die Gurnigelpassstrasse hinunter zusammen mit den Motorradfahrern und den Ferrari-Fans (was auch nicht ohne war..).

In Grundbach-Wattenwil lernten wir noch zwei Menschen kennen, die fünf Esel haben und schon lange davon träumen auf eine Tour zu gehen. Wir durften bei ihnen ein wunderbares zNacht geniessen draussen mit Blick auf die Sieben Hengste und das Niederhorn. Sie boten uns an, wann immer wir sie brauchen, können wir auf ihre Hilfe zählen - auch mit Viehtransporter.

Je länger wir unterwegs sind, desto mehr wächst unser Supporter-Team.

Danke euch allen. Ihr seid wunderbar!

Lora hat sich unglaublich schnell erholt und ist mutiger geworden. Sie überholt nun öfters Fritz, was sie sonst nie gemacht hat.

Wir haben uns entschieden, diese traumhafte aber nicht ungefährliche Gegend mit unseren Eseln zu verlassen und sind nun Richtung Emmental unterwegs.

Seit gestern sind wir zu Gast in Brenzikofen bei Jan und Barbara in dem wunderschönen Haus, in dem ich vor vielen Jahren schon mal bei anderen lieben Menschen auf Besuch war. Wir sehen die Alpenkette nun von der anderen Seite. Zusammen mit Rosanna ihrer Tochter tüfteln wir an einem natürlichem Bremsen- und Fliegenschutzmittel. Vielen Dank für eure grosszügige Gastfreundschaft.

Morgen steigen wir auf die Falkenflue und dann weiter nach Heimenschwand.


Mir ist ein Gedicht begegnet, das sehr vieles von dem aussagt, was ich „hinter“ dieser Reise erfahre.


Wieder in die Wälder gehen

„Wenn wir aus den gläsernen Hüllen unseres Egos hinaustreten und nicht mehr wie ein Eichhörnchen im Käfig uns ständig um unsere eigene Persönlichkeit drehen, werden wir vor Kälte und Furcht zittern.

Doch es werden uns Dinge begegnen,

So dass wir uns selbst nicht mehr kennen.

Kühles, wahres Leben wird uns durchströmen, Leidenschaft wird unseren Körper mit Kraft erfüllen,

Mit neuer Kraft werden wir aufstampfen,

Und alles Alte wird von uns abfallen.

Wir werden lachen und Gesetze werden sich wie verbranntes Papier kräuseln.“


D.H. Lawrence (1885-1930), britischer Schriftsteller

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